Internationales Ensemble mit dem „Quartett für das Ende der Zeit“ von Olivier Messiaen am St. Barbara Friedhof.

Wohl selten zuvor sind so viele Menschen eine Stunde lang gebannt, tief ergriffen und fast regungslos in der großen Abschiedshalle des St. Barbara Friedhofs den Klängen von Musik gefolgt. Knapp 100 Personen waren am 5.10.2021 der Einladung zu diesem wunderbaren Werk an einem so besonderen und zum Werk passenden Ort nachgekommen. 

 

Kammermusikalische Besonderheit

Komponiert und uraufgeführt im deutschen Kriegsgefangenenlager Stalag VllA bei Görlitz, zählt Messiaens Quartett für das Ende der Zeit heute zu den bedeutendsten kammermusikalischen Werken des 20. Jahrhunderts. Die ungewöhnliche Besetzung (Violine, Violoncello, Klarinette und Klavier) ist dem Umstand zu verdanken, dass der Klarinettist Henri Akoka, der Geiger Jean Le Boulaire, der Cellist Etienne Pasquier und Olivier Messiaen dort im Lager aufeinandertrafen. 

Biblisch inspiriert

Geistig inspiriert wurde das Werk von der Apokalypse (Offenbarung des Johannes). Dies erklärt sowohl den Titel des Quartetts, als auch die Bedeutung der einzelnen Satzbezeichnungen. Er schrieb das Werk im Gedenken an jenen Engel der Offenbarung, der, die Hände zum Himmel erhoben, das Ende jeglicher Zeit verkündet. 
Die Bezeichnungen der Sätze geben bereits einen Eindruck der Besonderheit der Klänge dieser außergewöhnlichen Komposition:

  1. Kristallene Liturgie
  2. Vokalise für den Engel, der das Ende der Zeit verkündet
  3. Abgrund der Vögel
  4. Zwischenspiel
  5. Lobpreis der Ewigkeit Jesu
  6. Tanz des Zorns für die sieben Trompeten
  7. Wirbel der Regenbögen für den Engel, der das Ende der Zeit verkündet
  8. Lobpreis der Unsterblichkeit Jesu

Feinfühlige Aufführung

Tief empfunden und mit unglaublichem Feingefühl brachten die vier Musiker*innen dieses vielschichtige und außerordentlich komplexe Werk in einer Transparenz zum Erklingen, die verblüffend war. 

Die aus dem Nichts kommenden Klarinettentöne von Pablo Barragan beeindruckten gleichermaßen wie die versunkenen, an die Ewigkeit erinnernden Cantilenen von Elisa Siber und Joel Bardolet. Dominic Chamot überzeugte am Klavier mit viel Überblick und einer durch das Stück tragenden Energie. 

Ob die atemberaubende Bogenführung der beiden Streicher in den Hymnen und Lobgesängen, die sensible Kommunikation und Abstimmung zueinander oder die enorme Bandbreite zwischen den feinsten Pianissimi und den unglaublichen Fortissimi von nur 4 Instrumenten -  das Publikum wurde musikalisch zu einer Reise ins Ungewisse, in die Tiefen der Zeit, vielleicht bis zu deren Ende geführt. 

Berührte Reaktionen

Die ersten Rückmeldungen nach dem Konzert sprechen Bände: „Mein musikalisches Highlight des Jahres“, „Derart einfühlsam, dass mir die Tränen gekommen sind“, „Obwohl ich eher glaubensfern bin, bekam ich bei manchen Stellen eine Ahnung vom Göttlichen…“

Das bei freiem Eintritt gekommene Publikum bedankte sich mit minutenlangem Applaus und großzügigen Spenden für dieses wahrhaft gelungene Konzert. 

Fortsetzung der „Blicke auf den Tod“

Friedhofsverwalter Clemens Frauscher ist Initiator der Reihe „Blicke auf den Tod“. Diese wird am 12. 10. 2021 um 19.30 Uhr mit einem Gespräch über das Leben im Hospiz mit Rosemarie Kapplmüller „Dem Tag mehr Leben geben, nicht dem Leben mehr Tage“ und am 19. 12. 2021 um 19.30 Uhr mit einer Lesung mit Stefan Schlager „A woarms Goid“.  Ein warmes Gold. Tröstendes zum Thema Sterben, Tod, Trauer und das Danach.“, begleitet von der Fagottistin Barbara Sereinig fortgesetzt.

 

Fotos:  Clemens Frauscher.