Vom Bewusstsein der Grenze des Lebens – Der Philosoph Stephan Grotz sprach über den „Tod der Philosophen“

Am Montag, 19. Oktober 2020 besuchten mehr als 60 Personen den Vortrag des Universitätsprofessors an der KU Linz am St. Barbara Friedhof.  Die Veranstaltung in der Reihe „Blicke auf den Tod“ fand in Kooperation mit dem Kepler Salon als „Kepler Salon Extern“ statt und wurde von Barbara Krennmayr moderiert. 

Zu Beginn stellte Univ.-Prof. Dr. Stephan Grotz klar, dass das Thema des Abends das Nachdenken der Philosophen über den Tod sei und nicht die Geschehnisse rund um deren eigenes Sterben. Philosophische Zugänge zum Thema sind keine exklusiven – andere „Blicke“ auf den Tod sind legitim und bereichernd. Die gegenwärtige Corona-Pandemie führt uns die menschliche Hinfälligkeit vor Augen. 

Der Mensch weiß um seine Sterblichkeit 

Mit Blaise Pascal erklärte Univ.-Prof. Dr. Grotz, dass nur der Mensch – im Unterschied zum Tier – um die eigene Sterblichkeit weiß. Die Würde des Menschen begründet sich in seiner zeitlichen und räumlichen Beschränktheit und seiner Möglichkeit zur gedanklichen Transzendierung. Das meint, dass nur der menschliche Geist sich in die Zeit verlängern kann. Der Mensch kann ein Jenseits denken – ein Jenseits des Augenblicks und der gesamten Welt, sogar vor dem Urknall. 

Die Einsicht in die eigene Sterblichkeit führt zu einem Bewusstsein der Grenze zwischen Leben und Tod. Der Tod ist für den Menschen nicht bloss natürlich gegeben, sondern wir wissen davon. 

Bereichernde Philosophiegeschichte

Der Universitätsprofessor führte seine Zuhörer*innen anhand von herausrragenden Beispielen durch die Jahrtausende abendländischer Philosophiegeschichte und des Nachdenkens über den Tod. In Ägypten wurde der Tod als niederschwelliger Übergang in ein anders Leben gedacht. Griechische und römische Philosophen entwickelten unterschiedliche Sichtweisen. Die Stoiker lehnten die Idee des Übergangs in ein anderes Leben ab. Sokrates, Platon und später dann christliche Denker machen das Überzeitliche stark, welches sich in der menschlichen Fähigkeit zu denken ausdrückt. Der griechische Philosoph Sokrates sagte: „Wer philosophiert, tut nichts anderes als Sterben zu lernen.“ Die Bauform des Menschen ist ein Indiz für die Unsterblichkeit des Geistlichen, der Seele. Spezifisch christlich ist, auch an die leibliche Auferstehung zu glauben: „Siehe, ich mache alles neu“ heißt es in der Bibel (Off 21,5). 

Eine scharfe Grenze und offene Fragen

Zeitgenössische philosophische Perspektiven denken die Endlichkeit des menschlichen Daseins als ein Eigenwert. Der Tod ist eine scharfe Grenze. Die Zeitlichkeit konstituiert unser Denken und Dasein, unsere Involviertheit ins Leben. Das ist so selbstverständlich, sodass darüber kaum nachgedacht wird. Der Tod ist das Ende der menschlichen Erfahrung. Sterblich sein heißt zeitlich sein.

„Gewissheiten kamen in die Defensive im Laufe der Philosophiegeschichte. Für die Endlichkeit des Denkens ist der Tod ein sicheres Indiz. Geburt und Tod sind existentielle Schranken“, schloss Univ.-Prof. Dr. Grotz seinen Vortrag, dem eine lebendige Publikumsdiskussion folgte. 

 

Reihe Blicke auf den Tod

 

Fotos: Clemens Frauscher / St. Barbara Friedhof